Eltern wollen "G9 für alle"

Nach Informationen unserer Zeitung gibt es bei den Elternbeiräten der Jahrgangsstufen 5 und 6 eine breite Mehrheit für diese Forderung. Betroffen wären rund 200 Schüler. Die Elternbeiräte der betroffenen Klassen stehen miteinander in Kontakt. Bereits am gestrigen Dienstag erhielten die Familien aktueller Fünftklässler ein Formblatt, in dem sie den "gesetzlichen Antrag zur Rückführung der Jahrgangsstufe 5 nach G9" stellen konnten. Weitere Informationen für die Eltern sollen in Kürze folgen.
"Wir wollen wissen, was sich die Eltern wünschen", erklärt ein Elternbeirat, der bisher "ausschließlich Zustimmung für unsere Idee gehört hat". Allerdings müsse jetzt schnell noch vor Ferienbeginn ein komplettes Meinungsbild eingeholt werden. Wenn eine große Mehrheit sich für G9 ausspreche, solle diese Info an das Schulamt weiter gegeben werden. "Wenn die Behörde auf eine deutliche Meinungsbekundung nicht reagieren würde, wäre das unverantwortlich", meinte der Elternvertreter.
Die Schulkonferenz - der Vertreter der Lehrer, der Eltern und der Schüler angehören - hatte sich in der vergangenen Woche einstimmig dafür entschieden, nach zwei Jahren G8 zur "alten" Lösung zurückzukehren. Auch das Lehrerkollegium hatte einstimmig dafür votiert. "Die Eltern haben diese Entscheidung begrüßt", erkläre Schulleiter Dr. Gerald Lohwasser gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Viele hätten sich für das Engagement der Schule bedankt. Kritik an der Entscheidung habe es nicht gegeben: "Ich habe keine kritische Stimme gehört."
Dem Direktor ist bekannt, dass es den Wunsch bei einigen Eltern gibt, komplett mit allen Klassen zum G9-System zurückzukehren. "Dazu gibt es nur eine Chance, wenn alle Familien dahinter stehen", vermutet der Pädagoge. Eltern, die für ihr Kind weiter den G8-Weg zum Abitur wünschten, könnten sieh auf den so genannten "Vertrauensschutz" berufen und eine Beibehaltung von G8 fordern. Lohwasser: "Das ist wie ein Vertrag." Wenn sich allerdings alle Eltern einig seien und ihren Wunsch auch schriftlich dokumentierten, sei das Staatliche Schulamt gefragt: Dorthin müsse der Antrag auf komplette "Rückkehr zu G9" gerichtet werden.
Nach Elterninformationen gibt es bereits hessische Schulen, die auch für bestehende "Turbo-Abi"-Klassen die Rückkehr zu G9 beschlossen haben. Die Huch-Schule in Gießen hatte im Frühjahr Eltern sogar empfohlen, ihr Kind freiwillig die fünfte Klasse wiederholen zu lassen, wenn der Druck zu hoch sei.
Das Staatliche Schulamt warb gestern in einer Pressemitteilung noch einmal relativ unverblümt für den neu gestalteten Bildungsgang G8. Dieser bringe Fünftklässlern "spürbare Entlastungen und Arbeitserleichterungen". Vorgesehen sei eine Straffung der Lehrpläne unter Anpassung an entwicklungspsychologische Bedürfnisse. Für Fünft- und Sechstklässler gebe es keinen Nachmittagsunterricht. Die nachmittägliche Betreuung an Schulen werde ausgebaut. Auch eine Verkleinerung der Klassen (maximal 30) und eine Reduzierung der zu schreibenden Klassenarbeiten sei vorgesehen.
(Haigerer Kurier, 18.06.2008, Ralf-Stefan Triesch)