"Keine Chance für Pegida"

Dagmar Schmidt (MdB)Haiger, 22.01.2015.

"Die Pegida konzentriert sich auf den Dresdener Raum, an anderen Orten können die Anhänger nicht Fuß fassen", ist die SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt überzeugt. In der Johann-Textor-Schule in Haiger diskutierte sie mit Zehntklässlern, Schulleitung, Lehrern und Eltern über aktuelle politische Themen und äußerte sich klar über das Pegida-Phänomen: "Das sind in erster Linie keine Antisemiten oder Rassisten, sondern frustrierte Menschen". Diese könnten sich häufig nicht gut artikulieren. Eine Auseinandersetzung mit ihnen gestalte sich schwierig. Auch weil sich viele Protestler weigerten, "Fakten anzuerkennen und sowohl Politik als auch Presse der Lüge bezichtigen". "Mir sind Menschen lieber, die sich positiv für etwas einsetzen und sich nicht nur gegen etwas stellen", sagte Dagmar Schmidt, die den Zehntklässlern des Gymnasial- und Realschulzweigs ausführlich Rede und Antwort stand.

Dabei bewiesen die Teenager erstaunlich viel Detailwissen über die Sozialdemokratin, die den Wahlkreis 172 (Lahn-Dill, Biebertal und Wettenberg) in Berlin vertritt. So fragten sie etwa, wie das Verhältnis zur eigenen Schwester sei, die in der Piratenpartei engagiert ist. "Als überzeugte Demokratin muss ich das akzeptieren", antwortete Schmidt.

Auch die Frage, wie die Abgeordnete Familie und Arbeit unter einen Hut bringt, interessierte die Schüler: "Nehmen Sie Ihren Sohn mit zur Arbeit oder bringen Sie ihn in eine Kita?" Ihr 20 Monate alter Sohn könne sich zwar sehr gut von ihr, sie sich aber sehr schlecht von ihm trennen, erklärte die Politikerin. "Wenn ich sonntags nach Berlin fliege, um dort zu arbeiten, kommt er mit." Montags bis mittwochs seien dann entweder ihre Mutter oder eine Kinderfrau anwesend.

Auch der Berufsalltag einer Politikerin wurde hinterfragt. Die ersten Tage der Woche seien zumeist der Büroarbeit, den Arbeitsgruppen und Ausschüssen gewidmet. Donnerstags und freitags sei sie wie alle anderen Politiker im Plenum. "Aber auch wenn es dort mal relativ leer ist, wir schlafen nicht, sondern führen dann im Hintergrund Gespräche", betonte Schmidt.

Auf Nachfrage berichtete die Sozialdemokratin, wie sie mit 16 Jahren zur Politik und speziell zur SPD fand. Schon ihre Eltern seien politisch interessiert gewesen, ebenso die Freunde. "Die Werte der SPD standen uns am nächsten, deshalb sind wir eingetreten." Im Ortsverein habe sie sich aber nicht wohl gefühlt. "Nichts wie raus und zu den Jusos", lautete das Motto.

10Klässler waren gut vorbereitetDass sich heute wenige Jugendliche für Politik interessieren, kann sie nicht bestätigen. "Politik wird nur schlecht präsentiert." "Euch interessiert doch, was gerecht und was ungerecht ist, wie viel Rente Eure Eltern mal bekommen oder was in der Ukraine los ist. Das sind politische Themen", führte sie aus. Um Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, sei es wichtig, verständlich zu machen, was in der Politik passiere, die Dinge nicht zu verkomplizieren und junge Menschen zum Nachfragen einzuladen.

Das Betreuungsgeld für Mütter sieht Dagmar Schmidt kritisch. Es sei wichtig, die Erziehungsarbeit von Müttern, etwa durch die Mütterrente, anzuerkennen. "Aber einer Mutter dafür Geld zu geben, dass sie ihr Kind nicht in den Kindergarten schickt, finde ich nicht gut." Der Kontakt mit Gleichaltrigen sei auch für Kleinkinder sehr wichtig.

Die Pkw-Maut lehnt die Bundestagsabgeordnete ab: "Autofahrer bezahlen bereits ein Vielfaches dessen, was sie an Infrastruktur kaputt machen. Statt sie noch mehr zu belasten, soll das Geld eher von Menschen wie mir, die genug Geld verdienen, genommen werden.". Auch von der Vorratsdatenspeicherung hält sie nichts. "Ich bin strikt gegen den gläsernen Menschen."

Den Mindestlohn verteidigte Dagmar Schmidt. 8,50 Euro seien "ein guter Einstieg". "Mit einem solchen Lohn kann keiner große Sprünge machen." Es sei wichtig, die anzuschwärzen, die keinen Mindestlohn zahlten: "Das ist kein Kavaliersdelikt!"

Und am Ende der Fragestunde bat Dagmar Schmidt die Schüler um Anregung für ihre Arbeit. "Die Schule soll individueller werden", wünschte sich ein Teenager, eine Zehntklässlerin ergänzte: "Wir brauchen mehr allgemeinbildenden und alltagstauglichen Unterricht, bei dem zum Beispiel erklärt wird, wie eine Steuererklärung ausgefüllt wird."

(Mit freundlicher Genehmigung des Haigerer Kuriers, Text und Fotos: Ute Jung.)