StartArchivArchiv 2008Haigerer Eltern und Schüler hoffen auf Rückkehr zu G9

Haigerer Eltern und Schüler hoffen auf Rückkehr zu G9

Das bestätigte der Elternbeirats-Vorsitzende Martin Tetzner (Manderbach) auf Anfrage dieser Zeitung. Am 27. Juni hatte der Elternbeirat im Staatlichen Schulamt in Weilburg den Antrag auf "Rückführung zu G9 für alle Jahrgänge" gestellt. Über sechs Wochen geschah nichts - doch jetzt erhielt Tetzner aus Weilburg die Nachricht, dass die Schule die Möglichkeit hat, auf "G9" umzuschwenken. "Der schulfachliche Dezernent hat mir mitgeteilt, dass das Kultusministerium den Schulen die Möglichkeit gibt, selbst zu entscheiden, welches Modell sie anwenden wollen", erklärte Tetzner. Darüber müsse nun die Schulkonferenz der Johann-Textor-Schule entscheiden, in der Vertreter der Schulleitung, der Lehrer, der Eltern und der Schulsprecher sitzen.   Die Entscheidung der Konferenz scheint ausrechenbar, schließlich hat sich das gleiche Gremium vor den Ferien noch einstimmig dafür ausgesprochen, eine "weitestgehende" Rückführung zu G9 vornehmen. Diese wäre mit der Rückkehr der sechsten und siebten Gymnasialjahrgänge - das G8-Modell läuft in Haiger erst seit 2005 - erreicht.

Die Schulleitung um Direktor Dr. Gerald Lohwasser will nun schnellstmöglich die betroffenen Familien über die netten Möglichkeiten informieren, ein Stimmungsbild einholen und mit diesem in eine kurzfristig einzuberufende Schulkonferenz gehen. In manchen Klassen erübrigt sich die Befragung eigentlich, denn es gibt bereits zahlreiche Unterschriftenlisten von Eltern, die vehement die Rückkehr der Klassen zum alten pädagogischen Konzept fordern.

Im Kultusministerium in Wiesbaden scheint das Thema "Textorschule" in dieser Woche für Betriebsamkeit gesorgt zu haben. Die Pressestelle hatte zu Wochenbeginn noch keine Kenntnis davon, dass es Schulen in Hessen gibt, die mit allen Jahrgängen zu G9 zurückkehren wol-len. Am Dienstag berichtete Pressesprecherin Susanne Rothenhöfer, dass das Ministerium ein Votum der Schule (Schulkonferenz und Gesamtkonferenz) benötige, das dann einer Einzelfallprüfung unterzogen werde. Dieses Votum liege in Haiger derzeit nicht vor. Ein Schreiben der Elternvertretung reiche nicht aus. Wenig später erfuhr der Elternbeirats-Vorsitzende Martin Tetzner, dass die bürokratischen Hürden niedriger sind als zunächst erwartet. "Ich war erfreut, als mir mitgeteilt wurde, dass in einem Beschluss der Schulkonferenz der mehrheitliche Elternwille umgesetzt werden kann", sagte der Elternbeirats-Vorsitzende, der davon ausgeht, dass dieser Beschluss schnell eingeholt werden könnte. In einem dreiseitigen Schreiben hatte Tetzner am 27. Juni den Wunsch der Haigerer Eltern detailliert begründet. Unter anderem hatten in diesem Brief betroffene Eltern deutlich gemacht, welche Schwierigkeiten durch die Gleichzeitigkeit von G8 und G9 an einer Schule entstehen.

- Schüler, die nach G9 unterrichtet werden, haben nach ihrem Abgang von der Textor-Schule die "mittlere Reife". Die G8-Jahrgänge hätten keinerlei Schulabschluss, obwohl sie die Reife zum Wechsel auf die Sekundarstufe II besitzen. "Dies stellt eine eklatante Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar", meint Tetzner.
- Schüler, die derzeit nach G9 unterrichtet werden, und die Klasse wiederholen müssen, würden in den verkürzten Bildungsgang G8 versetzt. Hier könnte eine Überforderung dieser Schüler eintreten, befürchten die Eltern.
- Es würden Übergangsprobleme in der zweiten Fremdsprache auftreten, die im G8-Modell bereits in der sechsten Klasse beginnt (bei G9 im siebten Schuljahr).

Der Elternbeiratsvorsitzende kritisierte in seinem Schreiben besonders, dass wesentliche Elemente des Schulprogramm der Johann-Textor-Schule - wie individuelle Förderung, Teamkonzept, Methodenkonzept, Projekte und Wahlpflichtangebote - "nicht oder nur sehr eingeschränkt wirksam sein können". "Die nicht rückgeführten Jahrgänge würden unseres Erachtens in unzulässiger Weise aus dem Gesamtkonzept der Schule ausgeschlossen", bemängelt Tetzner. Er hofft, dass kurzfristig eine Entscheidung der Schulkonferenz herbeigeführt werden kann. Danach müsste die Schule damit beginnen, die Rückführung zu G9 umzusetzen. Was sicher nicht ohne enormen Arbeitsaufwand machbar wäre. Im Vergleich zum Nutzen, der für die Kinder entstehen würde, hält die Elternschaft diesen Aufwand allerdings für vertretbar. Nach Informationen unserer Zeitung könnte mit einer Umstellung des Stundenplanes erst nach den Herbstferien gerechnet werden. Dafür benötigt die Schulleitung eine angemessene Zeit. Tetzner ist allerdings überzeugt, dass die Schulleitung eine Überleitung im Sinne aller Schülerinnen und Schüler erreichen wird.

Wie das Schulamt mitteilte, wären Eltern, die das G8-Modell für ihr Kind favorisieren, nach einer Entscheidung für G9 vor die Wahl gestellt. Entweder sie wählen ebenfalls den 13-jährigen Weg zum Abitur oder schicken ihr Kind in eine andere Schule. Zum Beispiel das Wilhelm-von-Oranien-Gymnasium in Dillenburg. Ein Parallelbetrieb der beiden unterschiedlichen Modelle in einem Jahrgang sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, sagte Bettina Fister vom Staatlichen Schulamt in Weilburg.

(Haigerer Kurier , 14.08.2008, Text und Foto: Ralf-Stefan Triesch.)

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