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Oberstufe bleibt Thema

Haiger, 29.09.2011

Auch wenn der Magistrat vor rund zwei Jahren mitteilte, die Stadt Haiger denke aus Kostengründen nicht mehr über eine gymnasiale Oberstufe nach, ist das Thema bei den Eltern und vor allem den Firmen der Region noch immer aktuell. Das zeigte sich bei der Sitzung des Elternbeirats der Johann-Textor-Schule, bei der die Möglichkeit, in Haiger das Abitur zu machen, erneut diskutiert wurde. Auf Anfrage einer Mutter erklärte der Elternbeiratsvorsitzende Hartmut Jaeger, die Elternschaft sei mit dem Magistrat der Stadt Haiger im Gespräch. "Leider ist die Situation im Moment nicht sehr verheißungsvoll", sagte Jaeger: "Das Hauptproblem sind die Finanzen, aber das Ziel wird weiterhin verfolgt." Auch Haigerer Unternehmen legten Wert darauf, für die Kinder ihrer Mitarbeiter beste Bildungsvoraussetzungen vor Ort vorzufinden.

Lutz Freudenberg (links) wurde nach vielen Jahren im Elternbeirat verabschiedet. Der Vorsitzende Hartmut Jaeger (r.) dankte ihm für sein Engagement im Dienste der Johann-Textor-Schule.Eine Elternsprecherin erinnerte daran, dass die Fahrtkosten der Schüler zur gymnasialen Oberstufe nach Dillenburg nicht erstattet würden. Dabei handele es sich im Jahr um rund 400 Euro - dieses Geld könne eine Familie theoretisch auch spenden, wenn ihr Kind eine Haigerer Schule besuche. Allein dieser Finanzaspekt, der viele Eltern betreffe, sei ein weiteres starkes Argument für eine Oberstufe in Haiger. Hartmut Jaeger versprach, in dieser Hinsicht am Ball zu bleiben: "Ich freue mich über Anregungen zum Thema."

Der Steinbacher, der von der Versammlung einstimmig in seinem Amt bestätigt wurde, arbeitet ab sofort mit einem neuen "Vize" zusammen. Peter Hofmann wurde einstimmig wiedergewählt und löst Lutz Freudenberg ab, dessen Kinder nicht mehr die Textor-Schule besuchen. Hartmut Jaeger und Direktor Dr. Gerald Lohwasser bedankten sich bei dem Allendorfer, der als Vorsitzender und "Vize" des Gremiums fungiert hatte, für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren.

In einer kurzen Ansprache lobte Jaeger die gute Kooperation mit der Schulleitung und erinnerte an Turbulenzen an der WvO-Schule in Dillenburg, wo es zwischen der Elternsprecherin und der Schulleitung zu einem Zerwürfnis gekommen war. "Wir müssen alles daran setzen, dass weiterhin ein gutes, vertrauensvolles Miteinander gefördert wird", sagte der gelernte Pädagoge. Deshalb sei im vergangenen Jahr ein Verhaltenskodex erarbeitet worden. "Wir unterstellen allen an der Erziehung unserer Kinder beteiligten Personen beste Absichten und wählen in Konfliktfällen immer den direkten, kürzesten Weg", nannte Jaeger einige zentrale Punkte. Die Eltern wollten die Probleme in der Erziehung nicht auf die Schule abwälzen. Probleme, die in der Schule zu klären seien, sollten auch dort geklärt werden.

Natürlich gebe es "in einem großen Haus immer auch mal Probleme". Aber da mit sei bisher immer gut umgegangen worden. "Ein gestörtes Verhältnis zwischen Schulleitung und Elternschaft belastet besonders unsere Kinder, und die haben wahrhaftig genug Lasten zu tragen", schloss Jaeger: "Unsere Kinder brauchen eine gute Atmosphäre. Das Schulklima entscheidet mit über den Lernerfolg."

Zu den wesentlichen Themen des Abends gehörte die Diskussion über die Einführung einer Ganztagsschule in Haiger. Hartmut Jaeger betonte, das Nachdenken über diese Variante sei sehr sinnvoll: "Wenn wir heute nicht selbst entscheiden, wird morgen über uns entschieden." Es gehe derzeit darum, maximal an drei Nachmittagen ein Unterrichtsangebot bis 15 Uhr (freiwillig bis 16 Uhr) zu machen. Die Lehrer hätten mit breiter Mehrheit dem vorliegenden Vorschlag zugestimmt, sagte Jaeger. Auch die Elternschaft sprach sich mit der deutlichen Mehrheit von 42 Ja-Stimmen (fünf Enthaltungen, drei Gegenstimmen) für das Modell aus.

Direktor Dr. Lohwasser nannte die Eckpunkte des bisherigen Konzeptes. So solle die Pädagogische Mittagsbetreuung weitergeführt und bis 16 Uhr ausgeweitet werden. In den Stundenplan solle für die Jahrgänge 5 und 6 ein so genanntes "entlastendes Band" am Vormittag mit den Elementen Gesundheit, Sport, Spiel und Entspannung eingeführt werden. Der Pflichtunterricht in den Hauptfächern (Deutsch, Englisch, Mathematik) in den Jahrgangsstufen 5 und 6 solle durch je eine Hausaufgabenstunde erweitert werden - Hausaufgaben in diesen Fächern könnten wegfallen.

Der stellvertretende Direktor Günther Reeh stellte den Eltern einen Modell-Stundenplan vor und teilte mit, die Zeit der Einführung des neuen Programms sei abhängig von der Zuweisung der Lehrerstellen. Frühestens in zwei Jahren sei mit einem Beginn der Übergangsphase zu rechnen. In vier bis fünf Jahren könne der Antragsplan dann umgesetzt werden. Der Antrag, den die Textorschule stellen möchte, gelte nur für die Jahrgangsstufe 5 und 6. "Bei den Schülerzahlen in Haiger ist auch nicht damit zu rechnen, dass sich das Konzept auch auf die höheren Klassen ausweiten wird", meinte Reeh.

Elternvertreter Lutz Freudenberg sagte, Ziel der Überlegungen sei es, den Vormittagsunterricht zu unterbrechen und zu entzerren. Lehrerin Christina Henrich berichtet von Erfahrungen einer Modellschule. Es sei erwiesen, dass bei Kindern, die mit den Händen arbeiteten, mehr Synapsen im Gehirn gebildet würden. Diese Kinder könnten dadurch in der Schule besser lernen.

"Momente der Ruhe und Entspannung sind wichtig", sagte die Pädagogische Leiterin Anette Fritsch. Dr. Lohwasser wies noch einmal darauf hin, dass es bei dem Antrag nur um zwei Nachmittage gehe. Die gesamtgesellschaftliche Entwicklung gehe in Richtung Ganztagsschule. "Noch besteht die Chance, selbst etwas zu gestalten", blickte der Direktor nach vorn.

(Mit freundlicher Genehmigung des Haigerer Kuriers, 29.09.2011, Text und Foto: Ralph-Stefan Triesch.)

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