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Zehntklässler "Unter Menschen

Haiger/Driedorf, 13.11.2012.

Eindrücklich und anders war die Theateraufführung "UnterMenschen 2", die rund 80 Zehntklässler der Gymnasialstufe der Johann-Textor-Schule Haiger zu sehen bekamen. Während eines Projekttages zum Thema "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" weilten die Schüler von Donnerstag bis Freitag im Kreisjugendheim in Heisterberg.

Für einen gelungenen Einstieg ins Thema sorgte die Vorführung des Kölner Künstler Theaters. Im Urlaub in einem arabischen Land treffen Mustafa Aldakark, der in dem Ferienclub kellnert, Andreas Glowasky und seine Schwester Sonja aufeinander. Während Sonja mit dem südländischen Kellner flirtet, entsteht so etwas wie eine Freundschaft zwischen Mustafa und Andreas.

Nach dem Urlaub entwickelt sich das Leben für Andreas zunächst positiv weiter und er kann berufliche Erfolge verbuchen. Mustafa hat inzwischen große Probleme. Er hatte sich auf die Suche nach seinem Vater gemacht, der nach einem versuchten Streik im Gefängnis landete. So wurde das Militär auf ihn aufmerksam und er verlor seinen Job. Er sieht seine Chance, nach Deutschland zu reisen und dort seinen Freund Andreas wieder zutreffen. Dort angekommen, lernt er die Hürden der deutschen Bürokratie kennen, als er einen "Antrag auf Asylbegehren" ausfüllen muss. Viele Fragen, die er nicht versteht, erklärt ihm die arrogante Beamtin: "Bus - brumm brumm - fährt ins Übernachtungslager."

Andreas ist in Deutschland in einer ganz anderen Welt zu Hause. Durch Hassparolen gegen "Nigger und Türken, die uns abzocken" aufgewiegelt,    wirft er schließlich ein Molotow-Cocktail in ein Amt für Asylbewerber, um die "Scheisskanakenveranstaltung" zu beenden.
Andreas muss sich dafür vor Gericht verantworten. Für seinen Hass auf Ausländer kann er keinen plausiblen Grund anführen: "Zuhause fahren sie mit Autos mit viereckigen Rädern und hier versuchen sie mit getunten BMWs uns die Perlen abzugrapschen." Am Dritten Reich habe ihm die Abschaffung zu vieler Ausländer aus Deutschland gefallen, erklärt er. Die Frage der Richterin, was Andreas am Dritten Reich nicht gefiele, beantwortet der junge Mann so: "Da fällt mir nichts ein. Vielleicht ist er am Schluss ein bisschen zu gierig geworden, der Adolf." Ob Andreas den Anschlag auf das Amt für Asylbewerber verübt, indem sich Mustafa gerade befindet und ob Mustafa dabei verletzt wurde, bleibt bis zum Ende des Stückes offen.

Als Asylbewerber, die einen Antrag auf Asylbegehren auszufüllen haben, wurden die Zehntklässler von Beginn an in die Handlung des Stückes "UnterMenschen 2" integriert.Auf originelle Weise wurden die Schüler von Beginn des Stückes an in die Handlung integriert. Während sie in der Kälte vor dem Veranstaltungsraum auf den Einlass warteten, erschien die Beamtin aus dem Amt für Asylbewerber mit dem Megafon vor der Türe. Sie verteilte Anträge auf Asylbegehren unter den Schülern und behandelte diese wie einfache Asylanten, die dann auch erst nach und nach ins Gebäude durften. Die Schüler dürften eine ähnliche Verunsicherung gespürt haben wie sie Asylsuchende in Deutschland empfinden, die nicht wissen, wie sie die Anträge ausfüllen sollen. So werden die jungen Menschen zu Beginn des Stückes als unmittelbar Betroffene Zeugen des Anschlags im Amt.

Am Nachmittag wurden die Themenbereiche Rassismus und Nationalsozialismus bei verschiedenen Workshops intensiver betrachtet. "Wir werden das Thema in der Schule nachbearbeiten", erklärte Lehrer Gunter Schwarz. Im nächsten Halbjahr wird es im Rahmen des GesellschaftslehreUnterrichts noch einmal behandelt werden. "Dann steht auch ein Besuch in Buchenwald an", sagte Schwarz.

Der Projekttag war für die Schüler kostenfrei. Die Finanzierung erfolgte aus Mitteln des Bundesprogramms "Toleranz fördern  Kompetenz stärken". Die Initiative, dieses Programm in Heisterberg anzubieten, ging von dem Bezirksjugendring Lahn-Dill aus.

 

(Mit freundlicher Genehmigung des Haigerer Kuriers, 13.11.2012, Text und Foto: Ute Jung.)

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